Weiterhin kommandiert Data das Schiff und bestellt Worf in den Ready Room. Worf hat nämlich Datas Anweisungen vor versammelter Brückencrew in Frage gestellt. Es ist niedlich, wie die Beiden den Konflikt lösen und sich gegenseitig ihre Freundschaft versichern. Ansonsten sieht man Worf hier mal wieder lächeln. Und es gibt eine Psychowaffe, gegen die man sich wehren kann, indem man den Kopf von bösen Gedanken befreit (was bei der Sternenflottencrew natürlich perfekt funktioniert, denn da hat niemand böse Gedanken) und einen Bösi, der sich am Ende doch nur als unfreiwilliger Lakai des echten Bösis heraus stellt.
Tag: Worf lächelt
Picard ist allein auf der Enterprise und muss eine Gruppe Krimineller davon abhalten, ihre kriminellen Machenschaften durchzuführen, während ein tödlicher Säuberungslaser langsam von hinten nach vorn durchs gesamte Schiff wandert. Die Folge ist bekannt als die Stirb Langsam-Folge und tatsächlich spielen Picard und seine Gegenspielerin Kelsey Katz und Maus. Es wird durch Schächte gekrabbelt, Funkgeräte spielen eine große Rolle und beide Parteien werden erfinderisch. Picard benutzt eine Armbrust und als er gefangen genommen wird, tut er so, als sei er der Schiffs-Barbier. Er tötet mehrere der Bösis auf ungewohnt kaltblütige Art. Patrick Stewart verwandelte sich seit der ersten Staffel immer mehr von einem dünnen gebrechlichen älteren Herr, um den man sich Sorgen macht, in einen fitten stämmigen Mann, dem man alles zutraut.
Währenddessen findet auf der Raumstation ein kleiner Empfang statt, bei dem alle den Smalltalk des Commander Hutchinson fürchten. Außer Data, der findet’s super und imitiert Hutchinson, um Smalltalk besser zu verstehen. Was lustig ist. Am Anfang der Folge ist außerdem Worf lächelnd zu sehen, da er von Picard die Erlaubnis erhält, nicht an dem nervigen Empfang teilzunehmen.
Am besten ist eine Szene am Anfang, als Picard kurz allein auf der leeren Brücke steht. Die Terminals sind aus, es ist still. Der leere Arbeitsplatz bekommt etwas Mystisches. Achja, und Tim Russ (Tuvok in Voyager) ist in einer kurzen Rolle als Bösi zu sehen.
Eine Horrorfolge mit Gruselkind und klassischen Gruselkind-Horrorszenen. Ein Mädchen namens Clara hat eine imaginäre Freundin namens Isabella. Ihr Vater ist besorgt und geht mit Clara zu Counselor Troi, die erklärt, dass imaginäre Freunde im Kindesalter normal und gesund sind.
Zugleich untersucht die Enterprise einen Nebel. Wir TNG-Profis wissen, dass es immer schlecht ist, wenn die Enterprise einen Nebel untersucht. Diesmal kommt eine Lichtkugel auf die Enterprise, fliegt umher und beobachtet die Crew bei ihrem Alltag. Irgendwann sieht die Lichtkugel Clara beim Spielen mit ihrer imaginären Freundin und materialisiert sich vor Clara als Isabella.
Diese real existierende Isabella ist nur sichtbar, wenn keine Erwachsenen in der Nähe sind und verleitet Clara dazu, mit ihr in den Maschinenraum zu gehen, wo Kinder normalerweise nicht sein sollen. Beim durch die Korridore Laufen treffen sie auf Worf, der sie in ihre Quartiere verweist. Die Mädchen gehorchen (Worf grinst kurz), doch sofort treiben sie sich wieder herum und Isabella will, dass Clara ins Zehnvorne geht. Dort trifft sie auf Guinan, die sie nett empfängt und Clara natürlich von ihrem eigenen imaginären Freund erzählt.
Counselor Troi ist besorgt wegen Claras Verhalten und glaubt, dass Isabella (die imaginär ist und zugleich tatsächlich existiert und nur für Clara sichtbar ist) vielleicht doch nicht so gut für Clara ist. Also versucht sie, Isabella von Clara zu trennen. Was dem realen Abbild von Isabella natürlich überhaupt nicht gefällt. Sie ist nun böse auf Clara und sagt: You can die along with everyone else!
Die beiden Schauspielerinnen, Noley Thornton als Clara und Shay Astar als Isabella, sind großartig. Noley Thornton spielt das Vorzeige-Mädchen, das immer alles richtig machen und niemandem etwas zuleide tun will. Shay Astar spielt eins der besten Gruselkinder, die ich je gesehen habe (sie kann sogar Technik-Gelaber). Die Szene, in der Counselor Troi Clara zeigen will, dass sie keine Angst vor Isabella haben muss, indem sie mit Clara jede Zimmerecke begeht und unterm Bett und im Schrank nachsieht, ist eine ernsthaft gute Gruselszene.
Horrorszenen sind in TNG möglicherweise deshalb so effektiv, weil man sie nicht erwartet. TNG besteht aus Dialogen und der Dekoration von Dialogen durch das Set, die Kostüme und so weiter. Nur selten ist das, was wir sehen, wirklich wichtig für die Handlung. Horror dagegen meist jeden Milimeter des Bildes und fesselt den Zuschauerblick, indem er eine gespannte Erwartung schafft auf etwas, was wir wahrscheinlich gleich sehen werden, vielleicht sogar in einem Jump Scare. So eine Art Jump Scare gibt es in der eben genannten Szene, einen recht sanften, aber innerhalb einer eher unvisuellen Serie wie TNG, die man auch hören kann, während man etwas anderes macht, ist das ziemlich effektiv.
Interessant ist, dass sich Horror-Folgen meistens auf Counselor Troi beziehen. Die Serie zeigt dann Troi meistens in ihrem Quartier, allein und beseelt von einer diffusen Angst. Hier sehen wir sie dann auch oft zu ihrem Spiegel gehen, sich die Hände waschen, in den Spiegel schauen, all das gefilmt in dem, was ich das Klebe-Closeup nenne, bei dem die Kamera nah am Gesicht der Darstellerin klebt und nicht viel von ihrer Umgebung zeigt, sodass wir besonders stark auf ihre Umgebung achten.
Die Folge dreht sich auch darum, wie Erwachsene Kinder behandeln, und zwar nicht besonders gut. Erwachsene haben eine Idee von Kindheit, die darauf beruht, dass sie ihre eigene Kindheit vergessen haben. Der Prozess, den wir Erwachsenwerden nennen, ist in meinen Augen ein Mechanismus, der uns die analytische Brillanz, die wir alle mal als Kinder hatten, erfolgreich austreibt und gegen Gehorsam ersetzt, der wichtigsten Fertigkeit in TNG.
Alexander, Worfs Sohn (Grundschulalter), bekannt aus Reunion, kommt auf die Enterprise. Ab jetzt muss Worf seinen Vaterpflichten nachkommen. Das fällt ihm schwer, weil sich Alexander in Worfs Augen nicht klingonisch genug verhält und er auch in der Schule nicht spurt. Die Folge arbeitet die Klischees einer schwierigen Vater-Sohn-Beziehung ab und am Ende muss Worf Alexander aus einer gefährlichen Lage retten und merkt dadurch, wie viel ihm an seinem Sohn liegt. Immerhin, Worf lächelt ein paar mal, was ähnlich spektakulär ist, wie wenn Data lacht.
TNG 5.5 – Disaster
Eine schlimme Anomalie trifft die Enterprise ohne Vorwarnung, sodass alles durcheinander wirbelt und der Strom ausfällt. Verschiedene Crew-Mitglieder sind nun in für sie ungewohnten Situationen. Picard steckt mit drei Kindern im Turbolift fest (der den Schacht hinab zu stürzen droht), Counselor Troi ist die höchstrangige Offizierin auf der Brücke und muss das Schiff kommandieren (mit Chief O’Brien und Fähnrich Ro als ihre Unterstellten, deren gegensätzliche Meinungen sie bewerten und in Befehle umsetzen muss), La Forge und Doktor Crusher sind im Hangar und müssen ein Plasmafeuer löschen, Worf muss das Kind von Keiko O’Brien zur Welt bringen, etc.
Wie Worf das macht, streng nach Lehrbuch und jeden seiner Schritte für sich selbst laut aussprechend, ist das Mutigste, was er je gemacht hat. Als Worf das Baby zum ersten Mal weinen hört, muss er unwillkürlich vor Freude lachen, reißt sich aber sofort wieder zusammen. Der rührendste Charakter-Moment der ganzen Serie.
Ähnlich rührend ist Picards Geschichte, da nicht, wie es auf den ersten Blick wirkt, er die Kinder rettet, sondern die Kinder ihn. Er hat sich beim Aufprall der Anomalie das Bein verletzt und glaubt nicht, dass er es schaffen kann, aus dem Turbolift und dann den Fahruhlschacht hinauf zum nächsten Deck zu klettern. Also befiehlt er den Kindern, denen er zur Motivation Offiziersränge verliehen hat, alleine zu klettern und ihn im Fahrstuhl zurück zu lassen. Doch die Kinder weigern sich. Sie wollen entweder alle aus dem Turbolift fliehen oder gar nicht. Kurz nachdem sie den Schacht verlassen haben, fällt die Turboliftkabine runter. Die Kinder haben Picard das Leben gerettet.
Auch Troi bekommt einen großen Moment, wenn sie sich in den Captain-Stuhl setzt. Vorher traut sie sich nicht, bleibt auf Abstand, bewegt sich in großen Kreisen um diesen Stuhl, doch jetzt, nachdem sie ein paar Entscheidungen getroffen, ein paar Befehle gesprochen, setzt sie sich drauf, mit klarem Blick und selbstbewusst die Beine übereinander schlagend. Auch La Forge und Doktor Crusher gehen über ihre Grenzen hinaus, wenn sie sich kurz dem Vakuum des Alls aussetzen, um das zerstörerische Plasmafeuer zu ersticken und dann, selbst fast erstickt, mit letzten Kräften sich zum Druckausgleichsknopf schleppen (der dramaturgisch günstig einige Meter von ihnen entfernt ist). La Forge bricht zusammen, Crusher schafft es geradeso, und sie können wieder atmen.
Einen solchen Multiplot könnte man leicht verhauen, doch jeder der Handlungsstränge ist spannend und teilweise karthatisch. Großartig ist, dass die Folge nicht allzu schnell zwischen den Orten hin und her schneidet, sondern jeden Moment für sich voll spielen lässt.