Die Enterprise orbittet einen Planeten, der gerade in Terraforming-Vorbereitungen steckt. Als die Enterprise Kontakt aufnimmt, kommt erst mal keine Antwort. Erst nach einigen Versuchen, meldet sich jemand. Ein bisschen, wie wenn man bei jemandem klingelt, der nicht aufmachen will, zum Beispiel bei mir. Der sich meldende Leiter der Terraforming-Kolonie will offenbar in Ruhe gelassen werden. Da schickt Picard sofort ein Bodenteam (mal wieder ganz Prime Directive). Schnell entdeckt die Mannschaft eine intelligente anorganische Lebensform, die im Sand des Planeten lebt und die schon bald die Enterprise in ihre Gewalt nimmt. Was aber nicht schlimm ist, denn um die Minikristall-Aliens zu schwächen, muss man nur das Licht dimmen. Die Kristalle bezeichnen Menschen als “ugly bags of mostly water”. Schade, dass man nicht erfährt, was in ihrer Kultur als schön gilt. Guter Moment, wenn sich Geordi um Data sorgt und schreit: Daaaataaaaa!
Tag: TNG
Die Enterprise folgt mal wieder vorbildlich der Prime Directive, indem sie das Tarnsystem eines Planeten überlistet, der nicht gefunden werden will. Es handelt sich um das Volk der Aldeaner. Die Crew ist ganz erregt, denn um die hochentwickelten Waffen- und Tarntechnologien der Aldeaner ranken sich Mythen. Aber da die Aldeaner unfruchtbar sind, stehlen sie der Enterprise ein paar Kinder, darunter auch Wesley Crusher. Picard wird böse.
Regiert werden die Aldeaner von einem Supercomputer, der sich um all ihre Bedürfnisse kümmert. Also mal wieder eine Gottheit, die keine ist, und die die Enterprise zerstören muss, zumal sie radioaktive Strahlung absondert und die Ozonschicht des Planeten zerstört, was auch der Grund für die Unfruchtbarkeit der Aldeaner ist.
Nett ist, wie Wesley und seine Kitagruppe in den Hungerstreik gehen und wie Picard voller Abscheu ein kleines Mädchen auf den Arm nimmt. Erstmals werden die Kinder an Bord der Enterprise thematisiert. Auf der Enterprise hat sich das Konzept der Familie total mit den Zielen und Werten der Föderation identifiziert, auf dass der Strom an neuen Rekruten nie ablässt.
Es ist ein Kampf, hier die Augen offen zu halten. Anfangs lustig, wie ein junger Mann (Clayton Rohner) in Faltenmaske einen uralten spielt. Beide, Maske und Schauspieler, erzeugen ein Uncanney Valley. Rohner bewegt seine Gliedmaßen von den Gelenken aus und den Rest lässt er hängen, als hinge er an Puppenspielerfäden. Die Geschichte um eine Geiselnahme: gähn. Und mal als Star Trek-Fan gesprochen: Wer will einen Fremdling beim Jungwerden sehen? Das hätte Picard passieren müssen, am Ende ein kleiner Junge mit Halbglatze auf dem Captainstuhl.
Die Leistung der Enterprise-D, so Picard im einleitenden Logbucheintrag, übertraf bislang alle Erwartungen. Nun soll das Schiff für kleine Ausbesserungen ein paar Tage auf Raumbasis 74 andocken, einer riesigen und beeindruckenden Raumstation (danke, Bluray-Restauration!). Hier darf die Crew ein paar Tage urlaubieren. Riker und Picard haben also Sturmfrei, als plötzlich die Explosion des Warpkerns droht und die Enterprise programmiert wird, möglichst weit von der Raumbasis weg zu warpen. In dieser Folge werden Riker und Picard die Selbstzerstörung der Enterprise einleiten. Ein aufregendes Ereignis in jeder Star Trek-Serie, denn das Schiff ist die eigentliche Hauptfigur. Mit seiner Zerstörung droht das Ende der Serie und damit auch das Ende der alltäglichen Gewohnheit, die Serie zu schauen. Die Enterprise ist ein Bild für den Alltag auf der Suche nach dem Ungewöhnlichen.
Sicherheitschefin Lieutenant Tasha Yar, als Teil der Brückencrew, hält sich meist im Hintergrund auf, Arme defensiv verschränkt oder Hände an die Armaturen geklammert. Niemand sieht sie, bis sie plötzlich fehlt. Wenn Tasha eine Rolle spielt, dann die der Entführten (siehe Code of Honour und Hide and Q). Hat sie etwas zu sagen, fährt Picard ihr über den Mund. Alle anderen Hauptfiguren in The Next Generation haben eine eigene starke Ausstrahlung, der stoische Worf, der wissbegierige Wesley, der vertrauenswürdige Picard, der swaggernde Riker, die exotische Troi, der lockere La Forge. Aber was hat Tascha, außer ihrer Kompetenz und einer irgendwie ins Nichts gerichteten Verbissenheit? Sie hat genau diese Unfähigkeit, neben diesen Überpersönlichkeiten zu bestehen, dieses erfolglose Dazugehörenwollen, das vielleicht in späteren Staffeln mehr hätte heraus gearbeitet werden können. Aber Star Trek ist zu inklusiv für Außenseiter.
Ich schreibe das in Zusammenhang mit Angel One, weil Tasha in dieser Episode das Bodenteam leitet und somit etwas mehr zu tun hat als zwei, drei Sätze zu sagen (meist: Aye, Sir!), und weil ich angesichts einer berühmten und drohend aufziehenden Folge nicht weiß, wann ich noch mal Gelegenheit kriege, über sie zu schreiben.
Ansonsten lässt sich über die Folge nicht allzu viel sagen. Es geht um einen Planeten, auf dem Frauen herrschen. Die Serie will, dass man das genauso highly unusual findet wie die Figuren, die ständig betonen wie highly unusual das ist. Auf diesem Planeten werden die Männer zu Sexobjekten degradiert, was ganz im Sinne Commander Rikers ist, der sich, mit diplomatischen Gründen als Alibi, der Begierde der Anführerin hingibt. Was in Tasha Yar und Counselor Troi die Eifersucht weckt. Riker trägt sogar die Kleidung, die Männer hier tragen müssen: ein Oberteil mit breitem und tiefem Ausschnitt zur Darbietung des Oberkörpers und eine Hose, die Weichteile und Hintern zur Betonung abschnürt. Hier gibt’s auch Tashas großen Charaktermoment: Sie sieht Riker in dieser Kleidung, errötet und sagt, er sehe sexy aus. Jedenfalls, auf Angel One stimmt was nicht und die Enterprise muss eingreifen. Am Ende trägt der wieder uniformierte Riker den nun sich hoffentlich bessernden Frauen eine belehrende Rede vor.
Ah, und auf der Enterprise bricht ein Virus aus, das Captain Picard ausknockt, sodass Geordi La Forge das Kommando übernehmen muss. Erster großer Geordi-Moment.
Die Enterprise trifft erstmals auf Lore, ein Android, der genauso aussieht wie Data, aber er grinst gruseliger und spricht ironisch, salopp, bildhaft, fast wie ein Mensch, und er wird die Enterprise einem durchs All fliegenden Riesenkristall zum Fraß vorwerfen.
Auch in dieser Folge hat Wesley Crusher als einziger den richtigen Riecher, doch die doofen Erwachsenen glauben ihm nicht, noch danken sie ihm am Ende. Das ist aus Sicht eines Fernsehautors, der wenig Zeit hat, um eine Folge zu schreiben (oder zu retten), der schnellste Weg zum dramatischen Konflikt, wenn sonst keiner zu finden ist.
Das Kristallwesen ist sehenswert, wie es zunächst als kleiner blauer Punkt auf dem Schirm auftaucht, immer größer wird und sich schließlich um die Enterprise herumästelt. Ein fantastisches Wesen, erinnernd an die Kirk-Serie, zum Beispiel an den durchs All treibenden Baumstamm in The Doomsday Machine.
Das Holodeck kann dreidimensionale Umgebungen realistisch darstellen, inklusive der dort lebenden Menschen, die glaubwürdig simuliert werden. In dieser virtuellen Realität kann die Enterprise-Crew sich erholen und hat wahrscheinlich eine Menge Sex mit Hologrammen (was die Serie maximal andeutet). In dieser ersten Holodeckfolge holodecken sich Picard, Crusher und Data in die 40er-Jahre, um ein Gangster-Abenteuer zu erleben, aber durch eine Fehlfunktion ist die Holodeck-Simulation plötzlich unstoppbar und darüber hinaus können die Hologramme echte Verletzungen erzeugen und echt morden. Werden unsere Helden der brenzligen Lage entfliehen?
Die Folge hat den Fish-out-of-water-Humor einer Star Trek-Crew, die in die Gegenwart kommt. Hier verschluckt sich beispielsweise Beverly Crusher an einem Kaugummi, weil sie nicht weiß, dass man einen Kaugummi kaut statt schluckt. Hihi.
Höhepunkte sind die großartigen Sets, Kostüme und Lawrence Tierney als Gangsterboss. Tierney wurde in den 40er-Jahren zum Schauspiel-Star für RKO-Filme wie Dillinger (1945) von Max Nosseck und Born To Kill (1947) von Robert Wise (Regisseur von Star Trek: The Motion Picture). Im Film Noir spielte Tierney meist Bösis und im Verlauf seiner Karriere spielte er in massenhaft Filmen und Serien. Im richtigen Leben saß Tierney wegen allerhand Kneipenschlägereien und trunkenen Rumballerns immer wieder im Knast. Seine Legende bringt filmgeschichtliches Gewicht auf die Enterprise. Als Hologramm, das feststellen muss, das es ein Hologramm ist, hat seine Rolle etwas Tragisches. Ein paar Jahre später spielte Tierney Joe Cabot, den Drahtzieher des Diamantenraubs in Tarantinos Reservoir Dogs.
Mal wieder rettet Wesley Crusher den Tag, indem er die Fehlfunktion behebt. Und Beverly Crusher wäre lieber allein mit Picard aufs Holodeck gegangen.
TNG 1.11 – Haven
Hier mal eine Folge über Counselor Deanna Troi, deren Funktion auf der Enterprise darin besteht, dem Captain zu sagen, was sie fühlt, denn als halb Mensch und halb Betazoidin ist sie außergewöhnlich empathisch, was Captain Picard bei diplomatischen oder militärischen Entscheidungen helfen soll. Richtig nützlich sind ihre Fähigkeiten nicht, sie sagt immer nur Offensichtliches. Sie verleiht der Brücke mit ihrem Lächeln, ihrer Güte und ihrem tiefen Ausschnitt ein Element von Weiblichkeit. Sie ist die “richtige” Frau der Besatzung. Deshalb zieht Marina Sirtis ständig ihren Bauch ein. Zugleich ist ihr Gesicht meistens das erste, von dem uns die Serie eine Großaufnahme zeigt, sobald die Enterprise in eine Situation gerät, in der eine diffuse Gefahr lauert. So sollen wir unsere Alarmiertheit auf sie projizieren.
Diese erste Troi-Folge handelt von einer arrangierten Ehe. Troi soll den betazoidischen Traditionen entsprechend einen jungen Arzt heiraten, den sie noch nie zuvor gesehen hat. Besonders knistern tut es nicht, aber Liebe ist ungleich Beziehung und so ergeben sich beide ihrem Schicksal. Es ist seltsam, dass Troi hier einfach so ihren Beruf auf der Enterprise aufgeben will, aber so weit kommt es dann aus Plotverwicklungsgründen doch nicht. Der junge Arzt sah nämlich schon seit der Kindheit in seinen Träumen eine ganz andere Frau, die dann am Ende auch zufällig auftaucht (auf einem anderen Raumschiff) und zu der er sich dann auch direkt rüber beamen lässt.
Dafür dass sich die Folge ohne viel Konflikt fast von allein in Wohlgefallen auflöst, zählt sie zu den unterhaltsamsten der ersten Staffel, was vor allem an Lwaxana Troi liegt, Deannas aufbrausender Mutter, die Picard ihr viel zu schweres Gepäck schleppen lässt. Höhepunkt ist ein feierliches Abendessen mit Brautpaar, verfeindeten Schwiegereltern und höchsten Enterprise-Offizieren, bei dem Data, der ja keine Nahrung zu sich nehmen muss, wie eine neugierige Katze herumschleicht und die Charakterdynamiken analysiert. Die Szene ist ein komödiantisches Stück um hohle Floskeln, heimliche Blicke und peinliche Stille. Zudem ist die Szene ein gutes Beispiel dafür, dass Fernsehregisseure meist besser als Kinoregisseure sind, wenn es um die Inszenierung von Tisch-Situationen geht, mit all den zu händelnden Blickachsen.
Und nicht zu vergessen: Carel Struycken, auch bekannt als der Riese in Twin Peaks oder als Lurch in The Addams Family, spielt Mr. Homn, Lwaxanas Diener. Die gesamte Folge über sagt er nichts (außer in der letzten Szene), aber mit dem hohen Kopf, dem enormen Kiefer, den tief in den Höhlen liegenden Augen und seiner schieren Körpergröße befriedigt er am ehesten die Schaulust. Wann immer jemand besetzt werden soll, der sich inmitten “normaler” Menschen als “komisch” begaffen lässt, nimmt man Carel Struycken.
Zweiter Auftritt von Q. Diesmal bietet er Riker an, ihn ins Q-Kontinuum aufzunehmen, ihm also gottgleiche Fähigkeiten zu schenken. Was Riker zunächst ablehnt, doch dann annimmt, um seine Kollegen aus einer von Q geschaffenen Notsituation zu retten. Durch diese Macht, mit einem Fingerschnipsen alles Vorstellbare tun zu können, wird Riker binnen Sekunden zum arroganten Spinner. Der Showdown ist eine schöne Szene, in der die Brücke der Enterprise zur Bühne eines Moralstücks wird.
Riker bietet jedem seiner Kollegen an, jedem von ihnen ihren sehnlichsten Wunsch zu erfüllen. So macht er Wesley Crusher erwachsen (was lustig aussieht), für Worf zaubert er eine Klingonin herbei (Worf beginnt sofort, sie zu verprügeln, also Sex mit ihr zu haben) und Geordi schenkt er echte Augen. Riker glaubt, ihnen damit einen Gefallen zu tun, doch die enttäuschte Ablehnung seiner Freunde zeigt ihm, was er ihnen durch die Schenkung ihrer Wünsche gestohlen hat, nämlich den Willen an sich. Wer bekommt, was er will, hat nichts, was er wollen kann. Das versteht auch Data, der es von vornherein ablehnt, von Riker in einen echten Menschen verwandelt zu werden.
Die vielen plötzlichen Veränderungen in Rikers Charakter mögen unwahrscheinlich wirken, doch gerade sie unterstreichen die Stärken einer Serie, in der jede Folge eine abgeschlossene Geschichte erzählt. Eine solche Serie muss ihre Geschichten nicht immer charakterlogisch entwickeln. Eine Episode kann auch einfach mal rein didaktisch aufgebaut sein, ohne dass es der Serie schadet. Diese Serien können nicht nur unzählige Geschichten erzählen, sondern auch verschiedene Modi des Erzählens nutzen. Ein Fan der so genannten Goldenen Fernseh-Ära mag das inkonsistent finden, psychologisch lückenhaft, und so weiter, aber genau das macht eine Serie wie The Next Generation so reich.
Picard hat Kopfschmerzen, was laut Doctor Crusher höchst ungewöhnlich ist in der Star Trek-Zukunft, denn solch simple medizinische Probleme wurden längst gelöst. Könnte das irgendwas mit dem Ferengi-Schiff zu tun haben, dem die Enterprise in dieser Folge begegnet? Wie in Lonely Among Us ist Picard im letzten Drittel dieser Folge nicht mehr er selbst und die Crew muss ihn bekämpfen und retten zugleich. Mal wieder liefert Wesley Crusher, dieser Mozart der Technik, am Ende den entscheidenden Hinweis und mal wieder dankt ihm am Ende niemand.
Die Ferengi kommen in dieser Folge schon etwas netter rüber als in The Last Outpost, zwar noch immer gierig und hintertrieben, aber hier ist es nicht das Volk der Ferengi an sich, sondern ein einzelner, der die Probleme macht. Und der wird am Ende von seinen Ferengi-Kollegen für sein Verhalten bestraft.
In dieser Folge ist auch zum ersten Mal die Rede von einem legendären Flugmanöver, dem “Picard-Manöver”, das Picard vor zig Jahren als Captain der Stargazer erfand, um ein Ferengi-Schiff abzuschießen. Die Crew schwelgt in glorreichen Erinnerungen an den hypergeilen Abschuss eines möglicherweise unschuldigen (das wird noch zu klären sein) Ferengi-Schiffes.
Diese Folge zeigt vor allem, wie wirksam Patrick Stewart als Gefolterter ist. Stewart gibt der Figur des Captain Jean-Luc Picard etwas Verletzliches, fast Gebrechliches, mit seiner Halbglatze, den weißen Haaren, seinem kleinen schmächtigen Körper und diesem freundlichen Habitus, der immer auf der Grenze zwischen Respekt und Unterwürfigkeit hin und her pendelt. So sorgt man sich schon um sein Leben, wenn er nur mal Kopfschmerzen hat.