Picard, Guinan, Ro und Keiko werden beim Beamen in Kinder verwandelt. Jetzt ist ein Zwölfjähriger Captain und wird kaum ernst genommen, obwohl er der Picard ist, den man kennt, eben nur als Kind. Das Kommando wird ihm entzogen und irgendwie scheinen sich alle einig, auch Picard, dass das richtig so ist und erwarten vom Publikum, dass es das auch so sieht. In TNG werden Kinder meist herablassend behandelt. In Rascals sind die Erwachsenen nun dazu gezwungen, Kinder ernst zu nehmen. Keiko O’Brien ist jetzt eine zwölfjährige Ehefrau und Mutter, womit Chief O’Brien überhaupt nicht umgehen kann. In der zweiten Hälfte kapern Ferengi die Enterprise und nur die Kinder können das Schiff retten, im Rahmen eines coolen Kinderabenteuers. Dabei krabbeln sie durch die Schächte der Enterprise, die hier erstmals als Jeffreys-Röhren bezeichnet werden. Höhepunkt ist, wenn der Halbstarken-Picard und Commander Riker vor den Ferengi so tun, als seien sie Vater und Sohn.
Tag: Ro
Diese Folge zeigt, warum sich Doktor Pulaski so ungern beamt. Geordi La Forge und Fähnrich Ro gehen bei einem Beamer-Unfall verloren und werden für tot erklärt. Doch tot sind sie gar nicht. In Wahrheit laufen sie immer noch lebend auf der Enterprise herum, nur sind sie jetzt unsichtbar und können durch Wände und Personen hindurch laufen. Ro glaubt sofort, sie seien Geister. Geordi glaubt an eine technische Erklärung (Are you saying I’m some blind ghost with clothes?), findet auch eine und versucht, Data auf sich aufmerksam zu machen. Das hat viel Ähnlichkeit mit Ghost (1990), in dem Patrick Swayze als Geist versucht, seiner hinterbliebenen Geliebten mittels Spuk Zeichen zu geben. In The Next Phase stellt sich schnell heraus, dass der Beamer-Unfall auf die fiesen Romulaner zurückzuführen ist, die nämlich eine Tarn-Technologie entwickelt haben, mit der sich einzelne Personen tarnen können. So getarnte Personen können sich gegenseitig sehen, aber können von sonst niemandem gesehen werden. So getarnte Personen haben außerdem keinen Einfluss auf ihre Umwelt, sie hinterlassen aber, wenn sie durch Wände laufen oder Energie frei setzen, Spuren, denen man per Scanner folgen kann.
Ein Konzept, das auch Christopher Nolan für einen seiner Filme nutzen könnte (aber wohl nicht ganz so unterhaltsam umsetzen würde) und das zu einer der besten Szenen der Serie führt, nämlich einer Doppel-Verfolgungsjagd: Ein ebenfalls getarnter Romulaner verfolgt Fähnrich Ro durchs Schiff. Sie laufen dabei durch Wände hindurch und durch die privaten Quartiere der Enterprise. Während also Fähnrich Ro und der Romulaner im Vordergrund kämpfen, sieht man im Hintergrund ein Pärchen miteinander abendessen. Zugleich jagt Data den Energiespuren hinterher, deren genaue Ursache er selbst noch nicht kennt. Hier gibt’s dann tatsächlich auch Citizen Kane-artige Tiefenschärfe-Kompositionen mit drei gleichzeitig ablaufenden Handlungen auf verschiedenen Tiefenebenen.
Am Ende müssen Geordi und Ro auf ihrer eigenen Beerdigungsfeier möglichst viel Radau machen, um möglichst viele Spuren zu hinterlassen, damit endlich jemand bemerkt, dass sie noch am Leben sind. Es ist eine tolle Folge mit Twilight Zone-Konzept, einfallsreicher Action und Witz. Allerdings gibt es eines dieser Enden, bei denen jemand einen schlechten Witz macht, über den dann gelacht wird.
Alle Crew-Mitglieder verlieren ihre Identität. Sie wissen nicht mehr, wer sie sind und was ihre Aufgaben. Das Schöne sind hier die sich kurz ändernden Hierarchien und Figurenverhältnisse. Worf ernennt sich selbst zum Captain, Data ist Barkeeper im Zehnvorne und Commander Riker startet eine Affäre mit Fähnrich Ro. Normalerweise können sich die Beiden überhaupt nicht leiden, weil Riker sich von ihrer aufmüpfigen Art in seiner Autorität gekränkt fühlt. Jetzt, ohne Hierarchie, findet er genau das anziehend. Zugleich hält er sich Counselor Troi warm. Wofür Ro und Troi ihn am Ende der Folge sanft bestrafen.
TNG 5.5 – Disaster
Eine schlimme Anomalie trifft die Enterprise ohne Vorwarnung, sodass alles durcheinander wirbelt und der Strom ausfällt. Verschiedene Crew-Mitglieder sind nun in für sie ungewohnten Situationen. Picard steckt mit drei Kindern im Turbolift fest (der den Schacht hinab zu stürzen droht), Counselor Troi ist die höchstrangige Offizierin auf der Brücke und muss das Schiff kommandieren (mit Chief O’Brien und Fähnrich Ro als ihre Unterstellten, deren gegensätzliche Meinungen sie bewerten und in Befehle umsetzen muss), La Forge und Doktor Crusher sind im Hangar und müssen ein Plasmafeuer löschen, Worf muss das Kind von Keiko O’Brien zur Welt bringen, etc.
Wie Worf das macht, streng nach Lehrbuch und jeden seiner Schritte für sich selbst laut aussprechend, ist das Mutigste, was er je gemacht hat. Als Worf das Baby zum ersten Mal weinen hört, muss er unwillkürlich vor Freude lachen, reißt sich aber sofort wieder zusammen. Der rührendste Charakter-Moment der ganzen Serie.
Ähnlich rührend ist Picards Geschichte, da nicht, wie es auf den ersten Blick wirkt, er die Kinder rettet, sondern die Kinder ihn. Er hat sich beim Aufprall der Anomalie das Bein verletzt und glaubt nicht, dass er es schaffen kann, aus dem Turbolift und dann den Fahruhlschacht hinauf zum nächsten Deck zu klettern. Also befiehlt er den Kindern, denen er zur Motivation Offiziersränge verliehen hat, alleine zu klettern und ihn im Fahrstuhl zurück zu lassen. Doch die Kinder weigern sich. Sie wollen entweder alle aus dem Turbolift fliehen oder gar nicht. Kurz nachdem sie den Schacht verlassen haben, fällt die Turboliftkabine runter. Die Kinder haben Picard das Leben gerettet.
Auch Troi bekommt einen großen Moment, wenn sie sich in den Captain-Stuhl setzt. Vorher traut sie sich nicht, bleibt auf Abstand, bewegt sich in großen Kreisen um diesen Stuhl, doch jetzt, nachdem sie ein paar Entscheidungen getroffen, ein paar Befehle gesprochen, setzt sie sich drauf, mit klarem Blick und selbstbewusst die Beine übereinander schlagend. Auch La Forge und Doktor Crusher gehen über ihre Grenzen hinaus, wenn sie sich kurz dem Vakuum des Alls aussetzen, um das zerstörerische Plasmafeuer zu ersticken und dann, selbst fast erstickt, mit letzten Kräften sich zum Druckausgleichsknopf schleppen (der dramaturgisch günstig einige Meter von ihnen entfernt ist). La Forge bricht zusammen, Crusher schafft es geradeso, und sie können wieder atmen.
Einen solchen Multiplot könnte man leicht verhauen, doch jeder der Handlungsstränge ist spannend und teilweise karthatisch. Großartig ist, dass die Folge nicht allzu schnell zwischen den Orten hin und her schneidet, sondern jeden Moment für sich voll spielen lässt.
Mit Fähnrich Ro taucht mal wieder ein Außenseiter-Charakter auf, eine Figur, die niemand auf der Enterprise haben will. Picard sagt sogar, sie hätte auf seinem Flaggschiff der Sternenflotte nichts zu suchen. Ro hat sich während einer vergangenen Mission schlecht verhalten und ist damit Schuld am Tod einiger Sternenflotten-Offiziere, weshalb sie nun in der ganzen Flotte geächtet ist, niemand sie leiden kann und selbst Riker sie böse anschaut statt lüstern, vor allem wenn sie einen Ohrring trägt, was sich natürlich als Sternenflotten-Offizierin gar nicht ziemt. Dass die Lage doch etwas komplexer ist, kann sich von Beginn an jeder denken und am Ende (nachdem Ro maßgeblich an der Offenlegung eines bösen Sternenflotten-Komplotts beteiligt war) will Picard Ro unbedingt auf der Enterprise behalten. Dort wird sie auch ihre Ohrringe tragen dürfen.