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Star Trek: The Next Generation

TNG 5.17 – The Outcast

Geordi La Forge trägt in dieser Folge einen Bart. In einem der Outtakes auf der Bluray sagt er, dass die Produzenten das einfach mal ausprobieren wollten. Gefiel den Produzenten nicht und so musste er dann gleich wieder ab. Entscheidend ist aber, dass sich Riker in dieser Folge verliebt, und zwar in Soren, einer J’naii, einer Spezies ohne Geschlecht. Riker und Soren führen anfangs einige gendertheoretische Gespräche auf niedrigem Niveau. Zum Beispiel weiß Riker nicht, wie er Soren ansprechen soll, als Sie oder als Es. Da musste ich an Richard Stallman denken, der die genderneutralen Pronomen person und perse vorschlägt. Jedenfalls stellt sich heraus, dass Soren eine der wenigen J’naii ist, die mit einem Geschlecht geboren wurde (sie identifiziert sich als weiblich), was bei den J’naii aber als krank gilt. So müssen Riker und Soren ihre Liebe geheim halten, was Romantik verspricht. Die Dramaturgie findet am Ende zu einer konservativen Geschlechterpolitik, indem sie Soren zur Jungfrau in Not macht. Erwähnenswert ist, dass das erste I Love You in TNG ausgerechnet von Riker kommt.

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TNG 5.14 – Conundrum

Alle Crew-Mitglieder verlieren ihre Identität. Sie wissen nicht mehr, wer sie sind und was ihre Aufgaben. Das Schöne sind hier die sich kurz ändernden Hierarchien und Figurenverhältnisse. Worf ernennt sich selbst zum Captain, Data ist Barkeeper im Zehnvorne und Commander Riker startet eine Affäre mit Fähnrich Ro. Normalerweise können sich die Beiden überhaupt nicht leiden, weil Riker sich von ihrer aufmüpfigen Art in seiner Autorität gekränkt fühlt. Jetzt, ohne Hierarchie, findet er genau das anziehend. Zugleich hält er sich Counselor Troi warm. Wofür Ro und Troi ihn am Ende der Folge sanft bestrafen.

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TNG 5.8 – Unification, Part 2

Die beste Szene in dieser Folge zeigt Riker, der in einer Star Wars-Cantina-artigen Bar eine allwissende Bar-Pianistin nach Informationen befragt und mit ihr ein paar Jazzakkorde spielt. Sie unterhalten sich in Hard Boiled-Sprache und als die Pianistin eine klingonische Oper spielt, singt Worf unwillkürlich mit. Außerdem kommt ein fetter Ferengi in die Bar (so wird er auch genannt, Fat Ferengi), dicke Goldkette um den Hals, begleitet von leicht bekleideten Damen. Wo die Autoren einen abstoßenden Charakter brauchen, sind die Ferengi nicht weit. Schauspieler William Bastiani joepescit gegen das Karikatur’eske seiner Figur an. Tasha Yar taucht auch wieder auf (nach Redemption wieder als Bösi). Es ist eine schöne Doppelfolge mit vielen parallel laufenden und abenteuerlichen Handlungssträngen. Es gibt One-Liner, unterhaltsame Action und Spocks Auftritt ist gut. Als Kinofilm wäre Unification besser gewesen als die tatsächlichen TNG-Filme.

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TNG 5.6 – The Game

Riker bringt vom Sexurlaub auf Risa ein Spiel mit. Legt man es um den Kopf, erscheint im Blickfeld ein virtuelles Spielfeld mit Scheiben und Trichtern. Die Aufgabe ist, die Scheiben in die Trichter zu bringen. Eine öde Spielmechanik, aber das Spiel erzeugt bei Abschluss jeden Levels einen Mini-Orgasmus. Es funktioniert ganz ähnlich wie die Algorithmen in Webseiten, Programmen, Apps und Handyspielen. Schnell ist die ganze Crew süchtig und darüber hinaus auch dem bösen Willen des Spiels ausgesetzt. Es ist eine Body Snatchers-Situation, bei der die Enterprise immer mehr von Indoktrinierten bevölkert wird.

Retter ist Wesley Crusher, der gerade Ferien von der Akademie hat und auf die Enterprise beamt. Hier baut die Serie zunächst eine Idylle auf. Counselor Troi hat ihren wohl besten Moment der ganzen Serie: Sie erklärt Riker in allen Details ihr komplexes Schokoladeneis-Ritual und sagt dabei Dinge wie: I never met a chocolate I didn’t like. Im Bonusmaterial sagt Marina Sirtis, dass sie während ihrer Star Trek-Zeit keinen einzigen Bissen Schokolade essen konnte, weil sie sonst nicht mehr in ihr enges Kostüm gepasst hätte. Beim Spielen der Szene spuckte sie das ganze Eis in einen Eimer. Wesley bekommt bei seiner Ankunft eine Überraschungsfeier, für die Worf sogar einen Kuchen gebacken hat. Hier sieht man Data mal wieder lachen. Während Wesley und Data später durch die Enterprise-Flure spazieren, grüßt Wesley jeden vorbei laufenden Kollegen mit einem übertriebenen Lächeln. Er erzählt Data von einem Triumph an der Akademie und Data sagt enthusiastisch: Good for you! Wes hat auch ein Kaffeekränzchen mit Picard, das vor allem Picards güldenes Tee-Service präsentiert.

Wes lernt Fähnrich Robin Leffler kennen, gespielt von Ashley Judd. Er verknallt sich in sie und sie sich in ihn. Sofort daten sie, verstehen sich perfekt und halten Händchen. Sie sind wie ein Paar aus einem Cartoon, wo Donald Duck mit Daisy Duck zusammen ist oder Mickey Mouse mit Minnie Mouse, zwei Figuren mit den genau gleichen Eigenschaften, nur einer männlich, einer weiblich. Robin ist genauso genialisch, genauso interessiert an der Funktionsweise technischer Geräte und genauso attraktiv wie Wesley. Das Spiel interessiert beide nicht, sie interessiert, wie es funktioniert. Also analysieren sie es, finden heraus, dass es gefährlich ist und versuchen das Schiff zu retten.

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TNG 5.4 – Silicon Avatar

Eine Forscherin, die das Muttersein für eine Karriere aufgegeben und später ihren Sohn an die Kristalline Entität (bekannt aus Datalore) verloren hat, nutzt in Silicon Avatar Data als Medium, um ein letztes Mal mit ihrem toten Sohn in Kontakt zu treten. Diese Form der Geisterbeschwörung wird möglich durch Datas Fähigkeit zur Stimmverzerrung. Eine esoterische Idee wird technisch umgesetzt. Die Szene wäre besser ohne den Einsatz gefühlsduseliger Streicher, die in TNG zu oft verwendet werden. Sehenswert ist die Folge für die Kristalline Entität, die seit Ewigkeiten einsam durchs All fliegt und sobald die Enterprise einen Weg findet, mit ihr zu kommunizieren, freudig angeflogen kommt, weil sie endlich das Gefühl hat, ihresgleichen gefunden zu haben. Sehenswert auch für die peinlichste Flirt-Szene aller Zeiten.

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TNG 5.3 – Ensign Ro

Mit Fähnrich Ro taucht mal wieder ein Außenseiter-Charakter auf, eine Figur, die niemand auf der Enterprise haben will. Picard sagt sogar, sie hätte auf seinem Flaggschiff der Sternenflotte nichts zu suchen. Ro hat sich während einer vergangenen Mission schlecht verhalten und ist damit Schuld am Tod einiger Sternenflotten-Offiziere, weshalb sie nun in der ganzen Flotte geächtet ist, niemand sie leiden kann und selbst Riker sie böse anschaut statt lüstern, vor allem wenn sie einen Ohrring trägt, was sich natürlich als Sternenflotten-Offizierin gar nicht ziemt. Dass die Lage doch etwas komplexer ist, kann sich von Beginn an jeder denken und am Ende (nachdem Ro maßgeblich an der Offenlegung eines bösen Sternenflotten-Komplotts beteiligt war) will Picard Ro unbedingt auf der Enterprise behalten. Dort wird sie auch ihre Ohrringe tragen dürfen.

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TNG 5.2 – Darmok

Die Enterprise trifft auf die Tamarianer, die sich nur in Referenzen an ihre eigene Mythologie unterhalten, was es schwierig macht, sie zu verstehen. Die Tamarianer beamen Picard und den Captain des Tamarianer-Schiffs, Dathon, auf den Planeten El-Adrel, wo sie gemeinsam gegen ein Jäger-Alien, den Darmok, kämpfen müssen (der mit seinen Tarn-Fähigkeiten an den Predator erinnert und mit seinem Gegrunze an den Suburban Sasquatch). Entscheidend ist nicht der Kampf gegen den Darmok, sondern dass Picard und Dathon lernen, miteinander zu kommunizieren. Dathon spricht, wie gesagt, nur in Referenzen an seine Kultur, in Erinnerungsbildern, in Ikonen. Wenn Dathon zum Beispiel sagt, „Tembo, his arms wide“, dann heißt das, dass er Picard etwas geben oder sagen will. Eine Unterhaltung ist auf diese Weise nicht möglich. Möglich sind nur Handlungsanweisungen und Geschichtenerzählen. In einer schönen Szene erzählt Picard dem schwer verletzten Dathon am Lagerfeuer zum Einschlafen den Gilgamesch-Mythos. Es ist die erste Szene, in der die Beiden einander verstehen.

Der Antagonist dieser Folge ist nicht das Monster Darmok (Darmok ist nur Katalysator für Picards und Dathons Annäherung), sondern Commander Riker mit der Enterprise-Crew. Sie versuchen vom Orbit aus, Picard zurück zu holen. Letztlich sind sie damit für den Tod Dathons verantwortlich (was die Folge aber gar nicht thematisiert).

Darmok ist die erste Bühne für Ashley Judd, die in einer Nebenrolle als Fähnrich ein paar Zeilen sagt. Die Kamera ist sehr interessiert an ihrem Gesicht und gibt ihr mehr Nahaufnahmen, als die Serie den Hintergrundfiguren sonst zugesteht. Entweder im Schnittraum war jemand verliebt in sie oder man wusste bereits, dass sie in den nächsten Folgen eine größere Rolle spielen würde.

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TNG 4.25 – In Theory

Data beginnt eine romantische Beziehung mit Crewmitglied Jenna D’Sora. Vorher fragt er das ganze Schiff, ob er sich wirklich darauf einlassen soll. Geordi rät ihm ab, Troi ist skeptisch, Riker ermutigend, Picard verweigert eine Einschätzung und Worf droht Data, Jenna nicht zu verletzen, sonst gibt’s aufs Maul. Guinans Rat ist, dass sie keinen Rat hat. Die Guinan-Szene ist lustig, da sie zum Einstieg ein blaues Getränk und ein gelbes Getränk zusammen gießt, woraus ein grünes Getränk entsteht. Das soll beeindruckend wirken. Jedenfalls beginnt Data seine Beziehung mit Jenna und ist sofort überfordert, weil Frauen sind ja sooo komisch. Er versucht alles richtig zu machen, schreibt sogar ein Programm für Jenna, das Verhaltensroutinen abruft (inklusive Pärchenstreit-Routinen), aber Datas Wille, der perfekte Partner zu sein, führt schließlich zum Beziehungsende. Es gibt lustige Szenen, wenn Data zum Beispiel Jennas Quartier betritt und ruft: Honey, I’m home!

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TNG 4.23 – The Host

Dramaturgisch eine der schwächsten Folgen bisher, was schade ist, weil sie gewissermaßen cronenbergianisch ist. Doktor Crusher hat eine sexuell erfüllende Romanze mit einem Mann namens Odan, der sich aber als nur als Wirt für einen Fleischklumpen herausstellt. Dieser Fleischklumpen namens Odan braucht schnell einen neuen Wirt, um wichtige Kriegsverhandlungen zu führen. Hierfür meldet sich Commander Riker freiwillig. Jetzt will Odan, nun in Rikers Körper, die Beziehung zu Crusher fortsetzen. Nach kurzer Verwirrung kriegt sie das auch hin und macht mit Riker rum. Am Ende bekommt Odan einen neuen Wirt, diesmal eine Frau. Das ist für Crusher die Grenze. Eine Frau lieben? Niemals! So bleibt es am Ende bei einem Abschieds-Bussi auf die Hand. Als homophob kritisieren würde ich das nicht, Crusher steht nun mal nicht auf Frauen. „Gewissermaßen cronenbergianisch“ ist die Folge, weil sie fragt, inwiefern Identität und Körper zusammen hängen. Wirklich cronenbergianisch (nicht nur „gewissermaßen“) wäre die Folge, wenn Crusher Sex mit dem Fleischklumpen hätte.

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Essay Star Trek: The Next Generation

TNG 4.10 – The Loss

Counselor Trois „Weiblichkeit“ (Offenheit, Wärme etc.) erinnert mich an die Theorien von Carol J. Clover aus dem Buch Men, Women, and Chainsaws: Gender in the Modern Horror Film (1992). Clover schreibt, dass Frauen in Okkult-Horrorfilmen die Funktion eines Portals haben, für jenseitige Wesen, die vaginal oder oral in Frauen eindringen. Clover nennt viele Beispiele: In Don’t Look Now (1973) kann die Séance erst weiter gehen, sobald Laura ihre Beine öffnet, statt sie zu überkreuzen. In Nightmare on Elm Street (1984), wenn Nancy in der Badewanne döst, film die Kamera ihr Gesicht durch ihre geöffneten Schenkel hindurch, die aus dieser Sicht wie die Flügeltüren eines Portals aussehen, vor dem nun Freddys Hand aus dem Wasser taucht. In Christine (1983) ist das Auto weiblich definiert und die Hauptfigur Arnie Cunningham wird anfangs mit „weiblichen“ Persönlichkeitsmerkmalen verknüpft (in der Schule nennt man ihn „Cuntingham“), was seine Besessenheit von Christine, die ihn zum „Mann“ macht, erst ermöglicht. In Carrie (1976) erscheinen mit Carries erster Regel auch ihre telekinetischen Kräfte, die Menstruation öffnet sie für das Übernatürliche. „Weiblichkeit“ also als Medium für den Teufel, Schrecken in die Welt zu tragen. Troi passt gut zu Clovers Analyse, denn als Betazoidin ist sie zwangsoffen für alle möglichen „Spirits“ (siehe The Child, Clues, Night Terrors).

TNG zieht zwischen Troi und den anderen Figuren eine klare Linie. Sobald es um Gefühle geht, muss Troi ran, als sei nur sie mit ihren empathischen Sonderkräften fähig, die Gefühle anderer nachzuvollziehen. Clover schreibt, dass Spritualismus in Horrorfilmen immer Domäne der Frauen ist, nie der Männer, siehe auch The Omen (1976), The Entity (1982) Poltergeist (1982), Witchcraft (1988) oder Heredity (2017). Offenheit für das Übernatürliche ist hier eine ausschließlich weibliche Eigenschaft. Zu The Exorcist (1973) schreibt Clover, der Film erinnere uns daran, „dass römisch-katholische Priester und Frauen im Horrorfilm effektiv ein und dasselbe sind“.

Trois empathische Kräfte sind angeboren, nicht angelernt. Was dem Klischee des angeborenen Sondertalents einer Frau entspricht, das ihren Lebensweg von Geburt an vorbestimmt. Mulan im neuen Mulan (2020) ist Martial Arts-begabt, also muss sie Kriegerin werden. Lady Gaga in A Star Is Born (2018) kann einfach so perfekt singen, also muss sie Popstar werden (Bradley Cooper zwingt sie dazu). Ray in Star Wars 7-9 (2015-2019) hat die Macht, also muss sie Jedi werden. Und Troi hat empathische Kräfte, also muss sie Therapeutin werden. Dabei könnte sie Chef-Ingenieurin sein wie La Forge, oder taktische Offizierin wie Worf, oder Captain wie Picard. Aber ihr Weg ist vorbestimmt durch ihr angeborenes Talent.

In The Loss verliert Troi ihre empathischen Kräfte und will aus der Sternenflotte austreten. Doch das ist ihr verboten. Picard befiehlt ihr, stattdessen das Problem der Woche zu lösen: eine zweidimensionale Lebensform, die die Enterprise auf einen „kosmischen String“ zutreibt, einem riesigen Schlitz mitten im All (die Symbolik ist klar), der die Enterprise beim Eintritt zerstören wird. Alle technischen Möglichkeiten haben versagt. Die letzte Hoffnung lastet auf Troi, die nun, gegen ihren Willen, einen Weg sucht (und findet), das Verhalten der 2D-Wesen zu manipulieren. Mit der Rettung der Enterprise kehren Trois Kräfte wieder zurück. Daraufhin gibt’s drei beklemmend nahe Closeups des eklig grinsenden Riker, des starrenden Picard und der strahlenden Troi.