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Star Trek: The Next Generation

TNG 4.17 – Night Terrors

Zurück in die Twilight Zone mit Night Terrors (was auch der Name eines gescheiterten Tobe Hooper-Films ist). Die Enterprise hängt in einem Doppel-Sternensystem rum und stößt auf ein anderes Sternenflotten-Schiff, dessen Besatzung tot ist. Logbucheinträge weisen darauf hin, dass seltsame Dinge auf dem Schiff geschahen und die Crew wahnsinnig wurde. Natürlich passiert dasselbe nun auch mit der Enterprise, was erstens an The Naked Now erinnert, wo alle wahnsinnig werden, zweitens an Where No One Has Gone Before, wo die Crew Halluzinationen hat (inklusive spukiger Turboliftszenen), und drittens an Event Horizon (1997), der Shiningversion von Solaris (1975), wo Sam Neill sich die Augen ausreißt.

Die Folge nutzt viel Vokabular des Horrorfilms. Wir sehen Leichenhallen, eklige Tiere, langsame Ranfahrten an verängstigte Gesichter. Troi tritt mal wieder in Kontakt mit dem Übersinnlichen. Sie spielt Nancy aus Nightmare On Elm Street (1984), die im Traum die Enterprise retten muss, indem sie durch eine grüne Wolkenwelt fliegt (die an die Wolkenwelt in Poltergeist 2 (1984) erinnert, nur in grün) und einem Licht eine Nachricht übermitteln soll. Hab’s nicht verstanden.

Toll, wie abgefuckt hier alle aussehen, denn die ganze Crew kriegt keinen Schlaf. Die Beleuchtung wird graduell dunkler, selbst Worf hat Angst und im Ten Forward wird mal wieder geprügelt (was Guinan stoppt, indem sie mit illegaler Waffe an die Decke schießt).

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Essay Star Trek: The Next Generation

TNG 4.10 – The Loss

Counselor Trois „Weiblichkeit“ (Offenheit, Wärme etc.) erinnert mich an die Theorien von Carol J. Clover aus dem Buch Men, Women, and Chainsaws: Gender in the Modern Horror Film (1992). Clover schreibt, dass Frauen in Okkult-Horrorfilmen die Funktion eines Portals haben, für jenseitige Wesen, die vaginal oder oral in Frauen eindringen. Clover nennt viele Beispiele: In Don’t Look Now (1973) kann die Séance erst weiter gehen, sobald Laura ihre Beine öffnet, statt sie zu überkreuzen. In Nightmare on Elm Street (1984), wenn Nancy in der Badewanne döst, film die Kamera ihr Gesicht durch ihre geöffneten Schenkel hindurch, die aus dieser Sicht wie die Flügeltüren eines Portals aussehen, vor dem nun Freddys Hand aus dem Wasser taucht. In Christine (1983) ist das Auto weiblich definiert und die Hauptfigur Arnie Cunningham wird anfangs mit „weiblichen“ Persönlichkeitsmerkmalen verknüpft (in der Schule nennt man ihn „Cuntingham“), was seine Besessenheit von Christine, die ihn zum „Mann“ macht, erst ermöglicht. In Carrie (1976) erscheinen mit Carries erster Regel auch ihre telekinetischen Kräfte, die Menstruation öffnet sie für das Übernatürliche. „Weiblichkeit“ also als Medium für den Teufel, Schrecken in die Welt zu tragen. Troi passt gut zu Clovers Analyse, denn als Betazoidin ist sie zwangsoffen für alle möglichen „Spirits“ (siehe The Child, Clues, Night Terrors).

TNG zieht zwischen Troi und den anderen Figuren eine klare Linie. Sobald es um Gefühle geht, muss Troi ran, als sei nur sie mit ihren empathischen Sonderkräften fähig, die Gefühle anderer nachzuvollziehen. Clover schreibt, dass Spritualismus in Horrorfilmen immer Domäne der Frauen ist, nie der Männer, siehe auch The Omen (1976), The Entity (1982) Poltergeist (1982), Witchcraft (1988) oder Heredity (2017). Offenheit für das Übernatürliche ist hier eine ausschließlich weibliche Eigenschaft. Zu The Exorcist (1973) schreibt Clover, der Film erinnere uns daran, „dass römisch-katholische Priester und Frauen im Horrorfilm effektiv ein und dasselbe sind“.

Trois empathische Kräfte sind angeboren, nicht angelernt. Was dem Klischee des angeborenen Sondertalents einer Frau entspricht, das ihren Lebensweg von Geburt an vorbestimmt. Mulan im neuen Mulan (2020) ist Martial Arts-begabt, also muss sie Kriegerin werden. Lady Gaga in A Star Is Born (2018) kann einfach so perfekt singen, also muss sie Popstar werden (Bradley Cooper zwingt sie dazu). Ray in Star Wars 7-9 (2015-2019) hat die Macht, also muss sie Jedi werden. Und Troi hat empathische Kräfte, also muss sie Therapeutin werden. Dabei könnte sie Chef-Ingenieurin sein wie La Forge, oder taktische Offizierin wie Worf, oder Captain wie Picard. Aber ihr Weg ist vorbestimmt durch ihr angeborenes Talent.

In The Loss verliert Troi ihre empathischen Kräfte und will aus der Sternenflotte austreten. Doch das ist ihr verboten. Picard befiehlt ihr, stattdessen das Problem der Woche zu lösen: eine zweidimensionale Lebensform, die die Enterprise auf einen „kosmischen String“ zutreibt, einem riesigen Schlitz mitten im All (die Symbolik ist klar), der die Enterprise beim Eintritt zerstören wird. Alle technischen Möglichkeiten haben versagt. Die letzte Hoffnung lastet auf Troi, die nun, gegen ihren Willen, einen Weg sucht (und findet), das Verhalten der 2D-Wesen zu manipulieren. Mit der Rettung der Enterprise kehren Trois Kräfte wieder zurück. Daraufhin gibt’s drei beklemmend nahe Closeups des eklig grinsenden Riker, des starrenden Picard und der strahlenden Troi.