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Star Trek: The Next Generation

TNG 2.17 – Samaritan Snare

Plot A zeigt Picard und Wesley auf einem Shuttleflug hin zu einer Raumbasis. Dort wartet eine Herzoperation auf Picard, die eigentlich auch Pulaski auf der Enterprise durchführen könnte, aber das will Picard nicht, aus Angst um sein Image als unastastbarer Captain. Während des Shuttleflugs sprechen Wesley und Picard bei Kaffee und Stulle über Picards Vergangenheit, was nicht sonderlich interessant ist. Auf der Raumbasis kommt es während der OP zu Komplikationen, die zu beherrschen der behandelnde Arzt nicht qualifiziert ist. Wirkt seltsam, schließlich ist Picard extra für diese OP zu dieser Raumbasis gereist, aber irgendwo muss das bisschen Drama ja herkommen. Am Ende muss dann doch noch mal Pulaski ran. Die knallroten OP-Kittel sind eine Anspielung auf David Cronenbergs ekligsten Film Dead Ringers (1988), der zur Zeit der Produktion dieser Folge bestimmt noch in den amerikanischen Kinos lief.

Plot B zeigt die Enterprise in Konfrontation mit den Pakled. Die entsprechen ziemlich genau dem Klischee geistig Behinderter: fett, hässlich, lassen beim Reden die Verben weg und führen Böses im Schilde. Die Crew spricht entsprechend von oben herab mit ihnen. Mal wieder ziemlich diskriminierend, das weltoffene Star Trek.

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Essay Star Trek: The Next Generation

Inspirierende Behinderte und monströse Behinderte – TNG 2.5 – Loud as a Whisper

Die Enterprise begleitet einen taubstummen Mediator namens Riva zu Friedensverhandlungen. Riva hat drei Diener/Betreuer, die nonverbal mit ihm kommunizieren und die für ihn hören und sprechen. Riva nennt sie seinen Chor. Die Folge inszeniert ihn als mythische Gestalt. Sobald er auftaucht, erklingt ätherische Sphärenmusik. Die Enterprise-Mannschaft ist fasziniert, wie dieser Taubstumme sein Leben lebt. Riva bringt jedes Mitglied der Brückencrew durch erhebende Worte zum Lächeln und Staunen. Riva verkörpert den inspirierenden Behinderten. Durchströhmt von Weisheit zeigt er den Nichtbehinderten die Schönheit in sich selbst. Das ist der gesellschaftliche Zweck des inspirierenden Behinderten. Loud as a Whisper konkretisiert diesen Zweck sogar in Rivas Beruf als Friedensstifter. Seine Behinderung gibt ihm die Kraft, alle zu befrieden.

Im Lauf der Friedensverhandlungen wird Rivas Chor getötet. Nun kann er mit niemandem mehr kommunizieren, ist auf seine Behinderung reduziert, ist verzweifelt und will die Verhandlungen abbrechen. Captain Picard will das nicht akzeptieren, schließlich muss auf diesem Planeten irgendwie der Frieden einkehren. Doch Picard kann Riva nicht überzeugen, da er nicht Gebärdensprache kann. Die Folge gibt sich einfühlsam und verständnisvoll, doch aus dramaturgischer Sicht ist Riva ab jetzt der Antagonist, denn er weigert sich, seine Rolle als inspirierender Behinderter weiter zu spielen. Das dramatische Ziel Enterprise-Crew besteht nun darin, Riva zu überzeugen, die Verhandlungen weiter zu führen. Riva verkörpert jetzt den Behinderten als Monster, besonders sichtbar in der Szene, in der Picard seltsam aggressiv auf Rivas Gebärdensprache reagiert, die ihm unverständlich, fuchtelig, irre erscheint.

Doch Data macht sich innerhalb weniger Minuten zum Gebärdendolmetscher und so kann Counselor Troi den entscheidenden Rat erteilen: Riva soll aus seiner Behinderung einen Vorteil machen. Das motiviert Riva, sodass er sich sofort auf den Planeten beamen lässt, um die Friedensverhandlungen allein weiter zu führen. Riva plant, die verfeindeten Parteien zu befrieden, indem er ihnen Gebärdensprache beibringt. Mit dieser Wiedereingliederung Rivas in seine ihm zugedachte Rolle endet die Folge.

Trois Rat, aus einer Behinderung einen Vorteil zu machen, fördert das Leistungsimperativ, nach dem sich Behinderte besonders behaupten müssen, und zwar nicht für sich selbst, sondern für die Normalität. Wenn nämlich ein Behinderter einen Erfolg erzielt, dann ist das kein normaler Erfolg, sondern der Erfolg eines Behinderten. Das schmeichelt unserem Bild der Normalität. Ach wie schön, wenn selbst das “Abnormale” in unserer Normalität seinen Platz findet. Doch will ein Behinderter diese Rolle nicht mitspielen, ist das befremdlich, beänsgstigend, monströs.

Unsere Normalität sortiert Behinderte in ein Spektrum zwischen monströs und inspirierend ein. Will ein Behinderter sich dieser Einsortierung entziehen, landet er automatisch auf der monströsen Seite. Lars von Triers Dancer In The Dark (2000) zeigt eine behinderte Figur, die sich dieser brutalen Normalität entzieht, und zwar indem sie ihre Sehbehinderung geheim hält. Um behandelt zu werden wie ein Mensch, muss sie ihre Behinderung verstecken.